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Warum manche Menschen besonders gefährdet sind, Einsamkeit zu erleben und wo man in der Kommunalarbeit ansetzen kann, um dieses Problem zu mildern oder ihm vorzubeugen, untersucht die Studie „(Gem)einsame Stadt? Kommunen gegen soziale Isolation im Alter. Fakten, Trends und Empfehlungen für die Praxis“.
Einsamkeit – ein Phänomen am Rande der Gesellschaft?
Immer mehr Menschen fühlen sich einsam. Dass dies nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit einzelner Personen, sondern auch sozioökonomische Folgen hat, erkannte die britische Regierung bereits 2018. Sie berief daher eine Einsamkeitsministerin, die das Thema in Gesundheits-, Bildungs-, Wohn- und Wirtschaftsstrategien einfließen lässt. Ann-Kathrin Schewe u. a. untersuchten das Phänomen und kamen zu dem Ergebnis, dass besonders gesellschaftliche Randgruppen von Einsamkeit betroffen sind. Zu den Hochrisikogruppen zählen ältere Menschen (Gründe: steigende Altersarmut, zunehmend partner- und kinderloses Altern, infrastruktureller Abbau im ländlichen Raum) ebenso wie einkommens- und bildungsbenachteiligte Menschen, Menschen mit digitalen Defiziten und Menschen mit schlechter Gesundheit bzw. geringem freiwilligen Engagement. Da sich moderne Lebensstile verstärkt individualisieren und die Bedeutung außerfamiliärer Netzwerke steigt – was vor allem für alte, arme und kranke Menschen nur schwer aufrechtzuerhalten ist – ist es nun Aufgabe der Kommunen, mit gezielten Angeboten auf diese Hochrisikogruppen zuzugehen. Welche Methoden (vor allem für ältere Menschen) Abhilfe schaffen können, war unter anderem Thema der Studie.
Maßnahmen zur Prävention auf Regierungsebene
- Mittels Bürger:innenbefragung können im Vorfeld Risikofaktoren für lokale Alterskohorten sowie Lebensweisen und Bedürfnisse älterer Menschen erhoben werden.
- Mit der Unterstützung altersfreundlicher Wohnungssanierungen können ältere Menschen länger in ihrem gewohnten Umfeld leben. Die Bereitstellung kleinerer Wohnungen in zentraler Lage für alleinlebende Ältere sowie die Möglichkeit von generationenübergreifendem Wohnen schaffen zusätzlich Abhilfe.
- Die Umsetzung guter Rahmenbedingungen für soziales Engagement, neue Gruppenaktivitäten und die Umformung bereits etablierter mit Blick auf Seniorinnen und Senioren, wie z. B. „Oma auf Rädern“ statt „Essen auf Rädern“, fördern das soziale Miteinander.
- Die Umgestaltung öffentlicher Plätze ermöglicht Begegnungen und wertet Orte durch ansprechende Architektur und Bauweisen auf. Treffpunkte wie z. B. multifunktionale Geschäfte mit kulturellem Angebot dienen der Sozialisierung ebenso wie Orte ohne Konsumzwang für finanziell benachteiligte Menschen. Im ländlichen Raum ist hierfür auch ein entsprechendes Mobilitätsangebot erforderlich.
- Hausärztinnen und Hausärzte, Pflegedienstleister:innen und Gewerbetreibende sollten sensibilisiert werden, um auf soziale Angebote gezielt hinweisen zu können, Ärztinnen und Ärzte sowie andere Akteurinnen und Akteure im Gesundheitsbereich können chronisch einsamen älteren Menschen soziale Angebote auch „verschreiben“.
„Heilmittel“ Enttabuisierung
Als Fazit sei gesagt, dass neben den oben genannten Methoden auf lokal-kommunaler Ebene, eine generelle und weitgreifende „Normalisierung“ der Thematik stattfinden muss. Hierbei können Kampagnen und Veranstaltungen zur Einsamkeit helfen, um das Thema Schritt für Schritt zu enttabuisieren, was für Betroffene besonders relevant ist. Auch ein (inter-)nationaler Dialog, der unter anderem auf die Vermeidbarkeit und „Heilbarkeit“ von Einsamkeit hinweist, kann ein damit verbundenes Stigma reduzieren. Breite Aufklärung über die Risikofaktoren trägt weiters dazu bei, Menschen für die Einsamkeit der Personen in ihrer Umgebung zu sensibilisieren und eigener Einsamkeit vorzubeugen.
Ann-Kathrin Schewe, Tanja Kiziak, Catherina Hinz, (Gem)einsame Stadt? Kommunen gegen soziale Isolation im Alter. Fakten, Trends und Empfehlungen für die Praxis, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und Körber-Stiftung (November 2019)