Hintergrund

Mit der Ottawa-Charta von 1986 verortete die Weltgesundheitsorganisation WHO Gesundheitsförderung richtungsweisend im sozialen Kontext. Gesundheit und Gesundheitsförderung sind demzufolge nicht einfach nur Sache bzw. Zustand eines einzelnen Menschen, sondern ein Potenzial, das in der Interaktion mit anderen Menschen immer wieder neu verwirklicht wird. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und um andere kümmert, die eigenen Fähigkeiten weiterentwickelt und eine Lebenswelt vorfindet, das man (gesundheitsförderlich) mitgestalten kann.

Das Setting Nachbarschaft

Wir alle bewegen uns in ganz unterschiedlichen Lebenswelten (Settings), die Einfluss auf unsere Gesundheit haben: Manche davon sind von Organisationen bestimmt (z. B. Schule, Unternehmen), andere definieren sich über den Wohn- und Lebensraum (z. B. Stadt, Gemeinde).

Nachbarschaft bedeutet Wohn- und Siedlungsnähe und die daraus resultierenden sozialen Beziehungen. Diese beiden Aspekte – also räumliche Nähe und soziale Interaktion – stehen in einer engen Wechselwirkung. Die Besonderheiten dieses Settings bestehen in der andauernden räumlichen Nähe der Akteurinnen und Akteure, deren Heterogenität und dem informellen Charakter. Nachbarschaft ist ein schwach regulierter Bereich mit wenigen formalen Eingriffen von außen. Nachbarschaft wird von den Nachbarinnen und Nachbarn weitgehend selbst gestaltet.

Gesunde Nachbarschaften

Wie wirken sich nun unterstützende Nachbarschaften auf unsere Gesundheit aus? Es lassen sich in der Wissenschaft viele Hinweise darauf finden, dass soziale Netzwerke positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben, wie zum Beispiel:

  • Interviews mit Expertinnen und Experten haben ergeben, dass nachbarschaftliche Netzwerke die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern und damit integrativen Charakter haben. Soziale Einbindung fördere Gesundheit, insbesondere die psychische Gesundheit, und schaffe Unterstützung, die vor allem in gesundheitlichen Krisen wichtig sein könne. (Richter/Wächter 2009)
  • Richter/Wächter (2009) weisen auch darauf hin, dass Nachbarschaftsnetzwerke besonders gut angesichts gemeinsamer Aufgaben und Zielsetzungen gedeihen. Gemeinsame Ziele schaffen Verbindlichkeit, verdichten Kommunikation und Interaktion zwischen den Handelnden und erzeugen das Gefühl von Zusammenhalt.
  • Eine Metaanalyse mit Daten aus knapp 150 Studien hat gezeigt, dass Menschen mit funktionierenden sozialen Beziehungen länger und gesünder leben. (Holt-Lunstadt 2010)
  • Eine US-Studie aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass Zufriedenheit und Glück (viel stärker als negative Emotionen) in sozialen Bindungen „ansteckend“ wirken – und das vor allem im direkten, persönlichen Kontakt. (Fowler/Christakis 2008)
  • Mehrere Studien deuten darauf hin, dass vor allem ältere Menschen gesünder sind, wenn sie sich engagieren. Soziales Engagement – und das kann auch Engagement in Nachbarschaftsprojekten oder -netzwerken sein – kann unter bestimmten Umständen ein wichtiger Beitrag zum aktiven und gesunden Altern sein. (Sirven/Debrand 2008; Wahrendorf/Siegrist 2008)

Falls Sie noch mehr wissen möchten…

Im Wissenspool haben wir eine Reihe von wissenschaftlichen Befunden zum großen Themenfeld Nachbarschaften / ältere Menschen / Engagement / soziale Teilhabe zusammengetragen und gut verdaulich aufbereitet.

Unter Links & Literatur finden Sie viele Tipps für spannende – wissenschaftliche und praktische – Publikationen und Webangebote zum Thema.